Ich hatte gestern eine spannende Erkenntnis. Mitten beim Kochen ereilte sie mich. Ich dachte immer, mein Trauer-Ich wäre geheilt. So gut man nach dem viel zu frühen Tod seiner ersten großen Liebe eben heilen kann, klar. In mir wird es immer einen trauernden Anteil geben und das ist auch vollkommen in Ordnung so. Das Jung Verwitwet-Schicksal gehört einfach zu meinem Leben.
Aber mal von diesem Anteil abgesehen, dachte ich, in mir wären nach all der Zeit – fast genau elf Jahre, um genau zu sein – meine Trauer- und Verlustwunden geheilt. Ich habe so intensiv getrauert, mich bewusst mit unserem gelebten Leben, unserer gemeinsamen Vergangenheit und meinem grellbunten Strauß an Trauergefühlen auseinandergesetzt.
Ich bin bewusst in meinem neuen Leben angekommen, habe TROSTKUNST gegründet und damit aus freiem Herzen Sterben, Tod und Trauer dauerhaften Zugang in mein Leben gewährt. Habe eine neue Liebe gefunden und mit ihr eine neue Familie gegründet. Und besonders in den letzten zwei, drei Jahren habe ich mich intensiv mit meinem Innenleben beschäftigt, viel innere Arbeit getan und noch einmal große Brocken zutage gefördert und gelöst. Ich dachte wirklich, ich wäre soweit durch.
Mein Aha-Moment
Und dann kommt da neulich dieser Dienstagmorgen entlanggeschlendert. Ich war gerade mitten beim Training mit meiner Personal Trainerin, steckte in einer Übung fest, die mich an meine körperlichen Grenzen brachte und plötzlich kamen da Erinnerungsfetzen hoch aus meiner ganz akuten Trauerzeit, als ich meinen Gleichgewichtssinn verloren hatte und von einer Minute auf die andere nichts mehr in meinem Leben ging. Während der Übung wurde mir schwindlig und ein starker Impuls zu weinen überflutete mich. Ich staunte und es machte mich irgendwie auch betroffen.
Am nächsten Tag folgte dann mein dazugehöriges Aha-Erlebnis. Trotz meiner vielen wichtigen und hilfreichen Schritte im Innen und Außen gab es seit Beginn meiner Trauer einen Anteil in mir, den ich fast komplett ausgeblendet hatte: meinen Körper. Er hat funktioniert (die meiste Zeit zumindest) und gesunde Nahrungsmittel bekommen. So weit, so gut. Bewegung, körperliche Fitness, ausreichend Schlaf? Fehlanzeige. Und genau dieses Gefühl wurde mir zuletzt immer stärker und schmerzhafter bewusst: Mir fehlt es schlicht an körperlicher Kraft.
Du kennst sicher den Spruch „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Ich habe viel für meinen Geist und meine Seele getan und fühlte mich in Bezug auf meine Trauer daher auf relativ sicherem Terrain. Doch ich merke nun, dass es auch hier nur ganzheitlich geht. Mein Körper gehört genauso dazu. Will einbezogen werden. Nur wenn er stark ist, kann auch ich wirklich stark durch mein Leben gehen.
Bewegung auf allen Ebenen
Meine Erfahrungen vom Sterben und Tod meines Mannes sowie meiner darauffolgenden Trauer sind nicht nur in der Erinnerung und in meinem Herzen gespeichert, sondern in jeder Zelle meines Körpers. Und die wollen ebenso bewegt, gesehen, wertgeschätzt und gekräftigt werden. Will ich in meinem Leben etwas bewegen, darf auch ich mich bewegen! Auf allen Ebenen und immer wieder aufs Neue.
Genau das tue ich jetzt auch. Und ich bin stolz auf mich! Auch wenn mich das Bewegen auf körperlicher Ebene momentan (noch) sehr fordert und mich aus meiner Komfortzone herauszwingt. Daher auch meine Entscheidung, mich dabei begleiten zu lassen, statt auf mich allein gestellt zu bleiben. Das bin ich mir wert! So, wie man auch als trauernder Mensch diese existenzielle Lebenskrise nicht allein bewältigen muss, sondern sich auf dem Weg durch die Trauer zurück ins Leben begleiten lassen darf. Wie beispielsweise durch mich.
Ich bin wirklich berührt über meine Erkenntnisse der letzten Tage, machen sie doch so viel Sinn. Meine Erfahrung zeigt mir auch, dass diese Aha-Erlebnisse immer zum richtigen Zeitpunkt kommen. Jetzt bin ich offensichtlich erst für diesen Anteil in mir bereit. Es braucht auch keinerlei Wertung von mir im Sinne von: „Was, nach so langer Zeit ist da immer noch Trauer in mir?“ Ich fühle achtsam hinein, erkenne an, was sich da gerade zeigen will und komme aktiv ins Tun. Und wieder hat ein Puzzleteil meines Lebens intuitiv an seinen richtigen Platz gefunden.
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